Nanjing, 30. Mai 2010

Der Zweidrittelthomas

 

Eine der schönsten Sportveranstaltungen in Nanjing ist der Triathlon, der sogenannte „Nanjingman“. Er findet zweimal jährlich statt, jeweils im Mai und im Oktober. Da Schwimmen nicht meine Stärke ist, habe ich mich zusammen mit Bernd Blumenberg für die Teamstaffel angemeldet. Eigentlich wollte meine Frau laufen, eine heftige Erkältung hat Nicole aber leider aus dem Rennen genommen bevor es überhaupt begonnen hatte. Somit durfte ich beides, das Radfahren und das Laufen, übernehmen. Der Organisator hatte diese Aufteilung der Disziplinen Gott sei Dank ausdrücklich zugelassen. Es stellte sich heraus, dass wir auch nicht die Einzigen waren, die sich die Strecke so wie wir aufgeteilt hatten. Aber die Mehrzahl der angetretenen Triathlon-Teams bestand dann aber doch aus 3 Teilnehmern, wobei sich jeder traditionsgemäß auf nur eine Teilstrecke konzentrierte. 

Die Veranstaltung war absolut toll, ja noch mehr, sie war gewiss mein persönliches Highlight seitdem ich in Nanjing bin. Das Schwimmen fand in einem See am Zhongshan Mountain statt. Start war bereits um 7.15 Uhr. Als wir um 6.30 Uhr am See ankamen, haben wir ziemlich gestaunt. Nie hätten wir vermutet, einen so schönen See vorzufinden. Kein Witz, eigentlich gelte ich als wasserscheu, aber ich hatte richtig Lust, einfach rein zuspringen. Aber das war ja nicht meine Aufgabe. Bernd hatte sich aufs Schwimmen, besser: aufs Brustschwimmen, festgelegt. Seine Schulter lässt Kraulen momentan nicht zu. 800 m, einen Rundkurs um 3 Bojen und eine Schlussschleife musste er bewältigen. Ich gebe es hiermit zu, ich hätte das nicht geschafft. Und er hat ein klasse Ergebnis hingelegt. In seiner Altersklasse, hätte es eine separate Wertung gegeben, wäre er konkurrenzlos ganz oben auf dem Siegertreppchen gestanden. Nachdem er wieder am Ufer ankam, begann mit dem obligatorischen Abklatschen mein Part. Zunächst ging es 1000 m laufend über Kopfsteinpflaster zum Transition Point 1. Dort stand Nicole mit meinem Rennrad, den Schuhen und dem Helm bereit. Ohne viel Zeit zu verlieren, nahm ich die Radstrecke in Angriff. 24 km lagen vor mir, mit einigen Anstiegen und Abfahrten (300 Höhenmeter insgesamt). Und es lief gut. Schon nach kurzer Zeit konnte ich mich Platz für Platz nach vorne arbeiten. Leider war die Strecke nicht für die radelnden Teilnehmer gesperrt, der normale Verkehr lief die ganze Zeit über weiter. Aber man konnte überraschend gut durchkommen. Nur bei der abschließenden Abfahrt Richtung Taipingmen Lu war ich für einige Minuten zwischen 2 Taxis eingekesselt. Eine mutige Überholaktion auf der Gegenfahrbahn hat dann wieder den notwendigen Freiraum für ein schnelles Ausrollen gebracht. 

Der Transition Point 2 lag am Xuan Wu Lake. Nicole hatte sich bereits dort mit meinen Laufschuhen eingefunden. Der Wechsel lief diesmal aber nicht so optimal, es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis ich den "Rad-Krimkrams" komplett ausgezogen und erneut die Laufschuhe an hatte. Mittlerweile war herrlicher Sonnenschein zu beobachten. Es dürften sicher über 25 Grad gewesen sein. Weil es an Schatten mangelte, gestaltete sich der Laufteil (10 km auf einem Rundkurs am Xuan Wu Lake entlang) weniger angenehm. Zudem fühlte ich mich nach dem Umsteigen vom Fahrrad aufs Laufen als ginge ich auf Eiern. Aber auch beim Laufen gelang es mir, weiter Boden gegenüber der Konkurrenz gut zumachen. Diebisch gefreut hatte ich mich immer, wenn ich einen Läufer aus einer Teamstaffel überholte. Jene konnte man gut an den dreistelligen Nummern erkennen. 

Am Ziel angekommen, war ich dann allerdings komplett platt. Daher sind wir gleich nach Hause gefahren und haben nicht die Bekanntgabe des Endergebnisses abgewartet. Umso größer war die Überraschung, als wir einen Anruf von unseren Arbeitskollegen erhielten, die bei der Siegerehrung zugegen waren.  Bernd und ich haben in der Corporate Relay-Wertung, dem Wettbewerb der Firmenteams, doch tatsächlich den zweiten Platz im Gesamtklassement für das BASF-YPC Joint Venture geholt. Wir kamen auf eine Gesamtzeit von 1:59:05 Std. Die Zeiten für die Einzeldisziplinen waren: Schwimmen (800  m) 23:57 Min., Radfahren (24 km plus 1000 m Anlauf zum Transition Point 1) 55:30 Min. und Laufen (10 km) 39:38 Min.) 

Eine Entscheidung habe ich getroffen: Falls Bernd, was ich nicht hoffe, im Oktober nicht wieder zusammen mit mir im Team antritt, werde ich bis dahin mein Seepferdchen-Abzeichen machen. Auf jeden Fall bin ich solange ich hier in Nanjing bin, beim Nanjingman am Start. 

Bericht von unserem Mann in China, Thomas Schiele